Politische Gefangene
NOCH IN HAFT
DORJEE TASHI
Dorjee Tashi arbeitete sich in den 80ern sich vom bescheidenen Tellerwäscher zum Übersetzer und Tour-Guide und schließlich zum Leiter eines erfolgreichen Bauunternehmens herauf – eine beachtliche Erfolgsgeschichte. Sein Unternehmen ließ zahlreiche Hotels und Wohnblöcke in Lhasa errichten. Der Besuch einer ärmlichen Schule im Süden Lhasas machte ihn zum Philanthropen, der Initiativen zur Unterstützung von Schülern und Arbeitern förderte.
Nach den Ausschreitungen des Jahres 2008 wurde Dorjee Tashi von den chinesischen Behörden verhaftet. Der Vorwurf: er soll tibetische Exilorganisationen und das Amt des Dalai Lama unterstützt haben. Kenner des Falles halten die Anschuldigen für vorgetäuscht.
LOBSANG JAMYANG
Lobsang Jamyang wurde am 17. April 2015 von den chinesischen Behörden festgenommen, als er in seinem Kloster Kirti in Ngaba, Osttibet, an einem Unterricht teilnahm. Er blieb ein Jahr lang “verschwunden”, und weder sein Aufenthaltsort noch Informationen über seine Inhaftierung wurden seiner Familie mitgeteilt, bis er am 9. Mai 2016 wegen “Weitergabe von Staatsgeheimnissen” und “Beteiligung an separatistischen Aktivitäten” zu sieben Jahren und sechs Monaten Gefängnis verurteilt wurde.
SONAM PALDEN
Sonam Palden wurde verhaftet, nachdem er ein Gedicht mit dem Titel “Vatersprache” veröffentlicht hatte, in dem er seine tiefe Traurigkeit über die Erosion seiner naiven Sprache zum Ausdruck brachte. Sein Beitrag enthielt auch ein Bild der verbotenen tibetischen Nationalflagge.
RINCHEN TSULTRIM
Rinchen Tsultrim ist ein 29-jähriger tibetischer Mönch, der am 1. August 2019 in Kardo, Kreis Ngaba (CH: Aba), Provinz Sichuan, vom Büro für öffentliche Sicherheit des Kreises Ngaba verhaftet und anschließend am 23. März 2020 wegen “Anstiftung zum Separatismus”, einem Staatsschutzdelikt, zu vier Jahren und sechs Monaten Gefängnis verurteilt wurde.
LHUNDRUP DORJE
Im Dezember 2020 wurde Lhundrup Dorje, ein 30-jähriger tibetischer Nomade aus Machin in der Präfektur Golok, zu einer einjährigen Haftstrafe und einem weiteren Jahr Entzug der politischen Rechte verurteilt, weil er auf Weibo und WeChat Fotos mit religiösen Lehren Seiner Heiligkeit des Dalai Lama und dem Slogan “Tibetische Unabhängigkeit” geteilt hatte.
TSULTRIM
Tsultrim ist ein Mönch aus dem Wonpo-Kloster in Kardze, Osttibet. Er wurde am 9. November 2019 festgenommen, weil er an einer friedlichen Demonstration vor der örtlichen Polizeistation teilgenommen hatte, bei der Flugblätter in die Luft geworfen und die Unabhängigkeit Tibets gefordert wurde. Er wurde am 14. Dezember 2020 wegen “Aufstachelung zur Spaltung des Landes” zu einem Jahr Haft verurteilt.
LHUNDRUB DRAKPA
Lhundrub Drakpa ist ein bekannter tibetischer Sänger. Im Mai 2019 wurde er von den chinesischen Behörden festgenommen, nachdem er ein Lied mit dem Titel “Schwarzer Hut” gesungen hatte, das einen Text enthält, der die jahrelange repressive Politik und Praxis Chinas in Tibet anprangert.
A-NYA SENGDRA
A-Nya Sengdra ist ein tibetischer Nomade, der sich gegen Korruption und illegale Bergbauaktivitäten der chinesischen Regierung sowie gegen die illegale Jagd und Wilderei von bedrohten Tieren einsetzt. Im September 2018 wurde A-Nya Sendra verhaftet und 14 Monate lang unter menschenunwürdigen Bedingungen in Untersuchungshaft gehalten. Einer fadenscheinigen Anklage im Juli 2019 wegen „Provokation von Streitigkeiten“ und „Anstiftung zur Störung der öffentlichen Ordnung“ folgte Ende 2019 die Verurteilung zu einer Haftstrafe von sieben Jahren.
YESHE CHOEDRON
Yeshe Choedron wurde im März 2008 im Zuge der schweren Tibet-Proteste festgenommen und am 7. November 2008 wegen angeblicher “Spionage” zu 15 Jahren Haft verurteilt. Sie wurde beschuldigt, “für die staatliche Sicherheit und Integrität schädliche Informationen an die ‘Dalai-Lama-Clique’ weitergegeben zu haben”. Yeshe Choedron befindet sich im Drapchi-Gefängnis in Lhasa. Im Juli 2016 wurde Yeshe Choedron für ihren Einsatz für die Menschenrechte in Tibet die erstmals verliehene “Tenzin Delek Rinpoche Medal of Courage” verliehen.
LHAMO KYAB
Lhamo Kyab war Grundschullehrerin in Nagchu (Zentraltibet) und wurde Mitte 2008 von chinesischen Sicherheitskräften festgenommen. Man durchsuchte ihre Wohnung und brachte sie in ein „geheimes“ Gefangenenlager. Dort verhörte man sie wegen ihrer angeblichen Beteiligung an politischen Aktivitäten und hielt sie für indestens 18 Monate fest. Im Januar 2010 verurteilte ein Gericht Lhamo Kyab zu 15 Jahren Gefängnis. Es gibt bis heute keine Informationen über den genauen Tatvorwurf oder ihren jetzigen Aufenthaltsort.
WANGDU
Wangdu wurde im März 2008 von Beamten des Büros für Öffentliche Sicherheit in seiner Wohnung in Lhasa verhaftet und schließlich am 28. Oktober 2008 u.a. wegen “Spionage” zu lebenslanger Haft verurteilt. Laut Tibetan Centre for Human Rights and Democracy (TCHRD) befand sich Wangdu im Februar 2012 in einem Krankenhaus, wo er in einem Einzelzimmer von drei Polizisten bewacht wurde.
KARMA SAMDRUP
Karma Samdrup, Rinchen Samdrup und Jigme Namgyal sind die Gründer der erfolgreichen und mehrfach international ausgezeichneten Umweltorganisation “Three Rivers Environmental Protection Group”. Diese hat für ihren Einsatz zum Schutz der tibetischen Kultur sowie der Wildtiere auf dem tibetischen Hochplateau große Anerkennung gefunden. Karma Samdrup wurde im Januar 2010 festgenommen und ein halbes Jahr später zu 15 Jahren Haft verurteilt. Offiziell lauteten die Anklagepunkte gegen Karma Samdrup “Grabräuberei” und “Hehlerei” und bezogen sich auf einen Vorfall aus dem Jahr 1998. Diese Anschuldigungen waren jedoch damals abgewiesen worden.
VERSCHWUNDEN
BANGRI TSAMTRUL RINPOCHE
Bangri Tsamtrul Rinpoche wurde im August 1999 verhaftet und im September 2000 wegen “Separatismus” zum Tode verurteilt. Die Todesstrafe wurde in lebenslange Haft umgewandelt und schließlich im November 2005 auf 18 Jahre verkürzt. Bangri Rinpoche ist Gründer des Gyatso-Waisenhauses in Lhasa, in dem zum Zeitpunkt seiner Verhaftung fast 60 mittellose Waisenkinder zwischen 2 Monaten und 12 Jahren lebten. Die Umstände seiner Verhaftung sind bis heute nicht geklärt.
PANCHEN LAMA
Am 14. Mai 1995 war der damals 6-Jährige vom Dalai Lama als Reinkarnation des Panchen Lama anerkannt und drei Tage später zusammen mit seiner Familie von chinesischen Sicherheitskräften entführt worden. Seither fehlt von ihnen jede Spur. Die chinesische Regierung muss endlich einen verlässlichen Beweis erbringen, dass der Panchen Lama noch lebt.
AUS DER HAFT ENTLASSEN ODER GEFLOHEN
TSEGON GYAL
9. Dezember 2016: Der tibetische Blogger Tsegon Gyal wurde verhaftet und zu drei Jahren Haft verurteilt, nachdem er einen Blog auf WeChat veröffentlicht hatte, in dem er die chinesischen Behörden für ihre restriktive Politik der “ethnischen Einheit” in Tibet kritisierte. Am 6. Dezember 2019 wurde er bei äußerst schlechtem Gesundheitszustand aus der Haft entlassen.
TASHI WANGCHUK
Tashi Wangchuk, ein Geschäftsinhaber aus Yushu, setzte sich für den Erhalt und die Lehre der tibetischen Sprache in Tibet ein. Er sah die tibetische Sprache gefährdet und forderte den Tibetischunterricht an Schulen. Ein New York Times Reporter begleitete Tashi Wangchuk von Yushu nach Peking, wo er seine Forderung vor das “Volksgericht” wollte. Nur zwei Monate später wurde er inhaftiert und gefoltert. Am 22. Mai 2018 wurde er zu fünf Jahren Haft verurteilt.
SHOKJANG
Shokjang ist ein tibetischer Intellektueller, Autor und Blogger, der am 19. März 2015 in Rebkong in Osttibet von Sicherheitskräften zum zweiten Mal festgenommen wurde. Am 16. März 2015 reiste er nach Rebkong, eine große Stadt in Amdo im Osten Tibets. Als er dort ankam, bemerkte er die hohe Militärpräsenz auf den Straßen und schrieb sofort einen Eintrag auf seinem WeChat* Profil. Nur drei Tage später verschwindet er spurlos und erst ein Jahr später erfährt man, dass er verhaftet wurde. Und das nur, weil er seine Meinung frei geäußert hat.
DHONDUP WANGCHEN
Dhondup Wangchen, Regisseur der international bekannt gewordenen Dokumentation “Leaving Fear Behind”, wurde im März 2008 in der Provinz Qinghai festgenommen. Am 28. Dezember 2009 verurteilte ein Gericht ihn in einem geheimen Verfahren wegen “Staatsgefährdung” zu 6 Jahren Haft. Am 5. Juni 2014 wird Dhondup Wangchen freigelassen. Seine ersten Worte: “In diesem Moment fühle ich mich, als wäre alles in mir ein Meer von Tränen. Ich hoffe, bald wieder bei guter Gesundheit zu sein […]”
PALDEN GYATSO
Palden Gyatso war einer der bekanntesten tibetischen Inhaftierten. Unglaubliche 33 Jahre verbrachte er in chinesischer Haft, wurde psychisch und physisch gefoltert. Während des tibetischen Aufstandes wurde er von chinesischer Seite verhaftet und erst 1992 entlassen.
GOLOG JIGME
Golog Jigme, auch bekannt als Jigme Gyatso, ist ein tibetischer Mönch und Menschenrechtsaktivist, der für seine Mitwirkung an dem Dokumentarfilm “Leaving Fear Behind“ mehrfach inhaftiert und gefoltert wurde. Am 22. September 2012 gelang ihm die Flucht. Golog Jigme erhielt politisches Asyl in der Schweiz und setzt sich seither weltweit für die Rechte der Tibeter ein.
JIGME GURI
Der hochangesehene buddhistische Lehrer Jigme Guri war im August 2011 verhaftet und Ende 2014 wegen seines politischen Einsatzes zu fünf Jahren Haft verurteilt worden. Nach Verbüßung der Haftzeit wurde er im Oktober 2016 aus dem Gefängnis entlassen. In Haft wurde Jigme Guri schwer misshandelt. Seiner Familie wurde keine Möglichkeit gegeben, ihn im Gefängnis zu besuchen. Anfang März 2016 wurde er in ein Krankenhaus in Lanzhou in Gansu eingeliefert.
KHENPO KARTSE
Khenpo Kartse, ein hoch angesehener buddhistischer Abt, wurde am 6. Dezember 2013 wegen seines sozialen Engagements in Kham (Osttibet) festgenommen. Er hatte sich besonders stark für die Förderung der tibetischen Kultur, Sprache und Religion eingesetzt und leitete zahlreiche soziale Projekte. Am 4.6.2016 wurde Khenpo Kartse aus der Haft entlassen. Er steht noch immer unter Beobachtung.
RUNGGYE ADAK
Der tibetische Nomade Runggye Adak wurde im August 2007 während der Eröffnungszeremonie des alljährlich stattfindenden Pferderennens in Lithang verhaftet. Am 20. November wurde er schließlich unter anderem wegen „Untergrabung der Staatsgewalt“ zu 8 Jahren Haft sowie zu 4 Jahren Aberkennung seiner Bürgerrechte verurteilt. Am 31. Juli 2015 wurde er aus der Haft entlassen.
PHUNTSOK NYIDRON
Die tibetische Nonne Phuntsok Nyidron aus dem Kloster Michungri wurde im Oktober 1989 festgenommen. Anlässlich der Nobelpreisverleihung an den Dalai Lama war sie zusammen mit fünf weiteren Nonnen nach Lhasa gereist. Sie nahm dort an einer friedlichen Demonstration gegen die chinesische Besetzung Tibets teil und wurde verhaftet. Am 25. November 1989 wurde Phuntsok Nyidron zu 9 Jahren Haft im Drapchi-Gefängnis verurteilt. Im Februar 2004 wurde sie auf internationalen Druck nach 15 Jahren im Gefängnis frühzeitig entlassen.
NGAWANG SANGDROL
Die tibetische Nonne Ngawang Sangdrol wurde erstmals mit 10 Jahren aufgrund ihrer Teilnahme an den friedlichen Unabhängigkeitsdemonstrationen von 1987 in Lhasa festgenommen und für zwei Wochen eingesperrt. Im Jahr 1990 wurde sie erneut verhaftet, weil sie sich einem Protest von Nonnen angeschlossen hatte, und zu drei Jahren Haft verurteilt. Ihre Haftstrafe wurde dreimal auf insgesamt 21 Jahre verlängert. Im Oktober 2002 wurde Ngawang Sangdrol auf internationalen Druck nach 10 Jahren frühzeitig entlassen.
TAKNA JIGME SANGPO
Takna Jigme Sangpo wurde am 3. September 1983 verhaftet, weil er am Jokhang-Tempel in Lhasa ein Protestplakat gegen die chinesische Besetzung angebracht hatte. Am 30. November 1983 wurde er wegen „Verbreitung und Anstiftung zu konterrevolutionärer Propaganda“ zu 15 Jahren Haft verurteilt sowie 5 Jahren Aberkennung seiner Bürgerrechte. Takna Jigme Sangpo wurde schließlich auf internationalen Druck hin am 31.03.2002 entlassen. Seit August 2002 lebt er als politischer Flüchtling in der Schweiz im Kloster Rikon.
IN HAFT GESTORBEN
TENZIN NYIMA
Tenzin Nyima, ein tibetischer Mönch aus dem Wonpo-Kloster in Kardze, Osttibet, starb im Januar 2021, nachdem er in chinesischem Gewahrsam geschlagen wurde. Er wurde verhaftet, nachdem er und drei weitere Mönche eine friedliche Demonstration vor der örtlichen Polizeistation veranstaltet hatten, bei der sie Flugblätter in die Luft warfen und die Unabhängigkeit Tibets forderten.
TENZIN DELEK RINPOCHE
Der tibetische Abt Tenzin Delek Rinpoche wurde gemeinsam mit Lobsang Dhondup im April 2002 verhaftet und am 2. Dezember 2002 zum Tode verurteilt. Beiden wurde unter anderem die Beteiligung an einem Bombenattentat auf dem Hauptplatz von Chengdu zur Last gelegt. Lobsang Dhondup wurde hingerichtet, während das Urteil gegen Tenzin Delek Rinpoche auf internationalen Druck hin in eine lebenslängliche Haftstrafe umgewandelt wurde. Tenzin Delek starb im Juli 2015 in einem chinesischen Gefängnis, nachdem man dem bereits Schwerkranken die dringende medizinische Versorgung verweigert hatte. Die genauen Umstände seines Todes sind bis heute ungeklärt.