
Der Tibeter Tenzin Chöney Kolsch ist Schauspieler in Berlin, mit seinem Wirken verarbeitet er auch seine eigene Lebensgeschichte. Derzeit ist er engagiert am Berliner Theater an der Parkaue.
VON TENZIN CHÖNEY KOLSCH
Ich bin Tenzin Chöney Kolsch, 27 Jahre alt und Schauspieler. Aufgewachsen in Nepal, konnte ich über meine Mutter und Großmutter viel von der tibetischen Sprache und Kultur mitnehmen. Als ich fünf Jahre alt war, zogen meine Eltern mit mir nach Deutschland, und langsam verlernte ich meine Muttersprache. „Ich muss deutscher werden als jeder Deutsche” war ein Satz, der meine Jugend prägte. Später bot er die Idee für ein Theaterstück, in dem ich meine deutsch-tibetische Identität beleuchten konnte.
Nach vier Jahren Jugendclub am Hans-Otto-Theater Potsdam und meinem Abitur in der Tasche entschied ich mich für ein Auslandsjahr in Dharamsala, dem Ort in Indien, in dem die tibetische Exil-Regierung ihren Sitz und der Dalai Lama seinen Wohnsitz hat. Dort lebte ich bei Verwandten, erlernte wieder die tibetische Sprache und fand ein Stück näher zu meinen Wurzeln. Zurück in Deutschland, studierte ich Schauspiel an der Otto-Falckenberg-Schule in München und wurde nach meinem Abschluss 2019 für das Projekt “Europa Ensemble” am Staatstheater Stuttgart engagiert. Als europäisches Ensemble reisten wir zwei Jahre lang durch verschiedene Länder und erarbeiteten Stücke zum Thema Europa. Durch die Corona-Pandemie geriet das Projekt 2020 ins Stocken.
„Ich muss deutscher werden als jeder Deutsche” war ein Satz, der meine Jugend prägte.
In dieser Zeit entwickelten die Regisseurin Ulrike-Kirsten Hanne und ich am Figurentheater FITZ in Stuttgart das Theaterstück „Spuren im Schnee”. Das Stück erzählt die Geschichte eines kleinen Jungen aus Tibet, von einem Riss, meiner Vergangenheit und einer hoffnungsvollen Wiedervereinigung. Die künstlerische Auseinandersetzung mit meiner Geschichte und dem Tibetisch-Sein hat mir die Möglichkeit gegeben, einen Zugang zu mir selbst zu finden. Gleichzeitig wird damit eine Geschichte erzählt, die noch mehr Menschen betrifft. Daher hoffe ich, dass mein Theaterstück „Spuren im Schnee“ auch für andere junge Tibeterinnen und Tibetern im Exil eine Inspiration sein kann, sich mit ihrer Identität auseinanderzusetzen.
Last modified: 16. August 2022