Tenzin Choenyed Naktsang setzt sich politisch und beruflich für die Gemeinschaft ein. Als Tibeter, der in Deutschland geboren wurde, weiß er sein Leben in Frieden und Freiheit ganz besonders zu schätzen. Er engagiert sich als Lokalpolitiker vor Ort und als Tibeter deutschlandweit.
VON TENZIN CHOENYED NAKTSANG
Mein Name ist Tenzin Choenyed Naktsang, und ich bin am 10. April 1999 in Euskirchen geboren. Mit meinen Eltern und meinen jüngeren Geschwistern lebe ich seit meiner Kindheit in Bad Münstereifel (Nordrhein-Westfalen). Während meiner Schulzeit habe ich mich viel mit meiner tibetischen Herkunft und der Historie Tibets beschäftigt. Besonders der völkerrechtswidrige Einmarsch der Chinesen in Tibet (1950) führt mir immer wieder vor Augen, mit welchen Privilegien ich in Deutschland aufgewachsen bin. Entscheidungen wie die des IOC (Internationalen Olympischen Komitees), trotz systemischer Menschenrechtsverletzungen die Olympischen Spiele in China auszutragen, verdeutlichen noch einmal, dass ein Leben in Frieden, Freiheit und Demokratie selbst in unserer heutigen Zeit nicht selbstverständlich ist. Mit dem Gedanken, mich für meine Mitmenschen einsetzen zu wollen, trat ich im Alter von 15 Jahren der SPD bei und bin seit 2020 gewählter Stadtrat in Bad Münstereifel.
Als Tibeter der ersten Generation, hier in Deutschland geboren und aufgewachsen, bekommt man bereits in jungen Jahren beide Seiten der tibetischen und deutschen Sprache, Kultur und Traditionen mit. Mit dem buddhistischen Leitbild, Menschen Mitgefühl und Hilfe entgegenbringen zu wollen, wollte ich bereits als Junge später Arzt werden. So begann ich 2019 das Medizinstudium an der Universität in Köln. Inzwischen habe ich viele junge Tibeterinnen und Tibeter in ganz Deutschland kennengelernt. Die Vernetzung dieser Generation untereinander (z. B. durch die Tibetan Youth Association in Europa) ist, – neben einer politischen Dimension – dafür entscheidend, dass die tibetische Identität mit all ihren sprachlichen, kulturellen und traditionellen Facetten erhalten bleibt. Obwohl viele Tibeterinnen und Tibeter im Exil leben, ist es in den vergangenen Jahrzehnten trotz widriger Umstände gelungen, die „tibetische Identität“ zu bewahren und zu schützen. Meine Generation muss die Zukunft Tibets mitgestalten und eine Brücke zwischen Vergangenheit und Zukunft bauen. Der internationale Druck gegen China wächst immer weiter.
Last modified: 16. August 2022