
Es ist das ewige Mantra: Seit 2019 ist China „Partner, Wettbewerber und Systemrivale“. Bei „globalen Herausforderungen“, etwa beim Klimaschutz, müsse man zusammenarbeiten, so die Bundesregierung in ihrer neuen China-Strategie: China sei „unverzichtbarer Partner“. Aber stimmt dieses Mantra noch? Kann, will, darf China „Partner“ für die Europäische Union und für Deutschland sein?
KOMMENTAR VON DAVID MISSAL
Wer fragt, wo China denn Partner sei, bekommt vor allem zwei Antworten: China sei Wirtschaftspartner und Partner beim Klimaschutz. Doch ein genauer Blick zeigt: Beide Argumente sind Halbwahrheiten.
Natürlich handeln wir mit China – und niemand stellt das in Frage. Aber ist China hier wirklich Partner? Inzwischen verkauft Deutschland deutlich weniger Autos, Maschinen und andere Waren nach China, als es Waren aus China importiert – ein Außenhandelsüberschuss von mehr als 80 Milliarden Euro zeigt das deutlich. „Im Jahr 2022 hat sich der deutsche Außenhandel mit China mit voller Kraft in die falsche Richtung entwickelt“, schreibt das Institut der Deutschen Wirtschaft (IDW). Genau das ist das Ziel der chinesischen Regierung: Wie in der „Dual-Circulation-Strategie“ ausbuchstabiert, soll die Welt abhängig von China werden und China unabhängig von der Welt.
China verdrängt deutsche Firmen
Wo noch vor ein paar Jahren deutsche Unternehmen die Welt mit Autos, Windrädern oder Maschinen versorgten, da sind es nun zunehmend chinesische Firmen. Durch teils subventionierte Industrien verdrängt China gezielt deutsche Unternehmen. „Das deutsche industrielle Exportmodell scheint ins Wanken zu geraten“, schreibt das IDW. China ist Konkurrent – nicht Partner.
Und auch im Bereich der „globalen Herausforderungen“ ist China kein Partner. Besonders deutlich wird das beim Klimaschutz. Chinas Worte und Taten zeigen, dass das Land kein zuverlässiger Akteur ist.
So soll es China gewesen sein, das beim G20-Gipfel in Indonesien 2022 klare Ziele beim Klimaschutz verwässern wollte: Statt einer Bekräftigung des 1,5-Grad-Ziels sollte die Betonung nach Chinas Willen auf einem maximalen Temperaturanstieg von nur zwei Grad liegen. Laut des Climate Action Trackers (CAT) zeugen auch Chinas Aktionen nicht von echtem Klimaschutz-Willen: „Die Regierung setzt weiter auf fossile Brennstoffe bei der Energiewende“, schreibt CAT. „Die Maximierung von Kohleförderung sowie Erdöl- und Erdgaserschließung gelten als Schlüssel zu Stabilität und Sicherheit.“ Wenn sich alle Länder so wenig um Klimaschutz scheren würden wie China, dann würde sich die Welt um drei bis vier Grad erwärmen.
Prinzip Hoffnung beim Dialog
Trotz alledem will die Bundesregierung mit China einen „Klima- und Transformationsdialog“ starten, ganz im Sinne einer Partnerschaft. Doch die Passagen der China-Strategie zu diesem Dialog zeigen: Die Bundesregierung setzt auf das Prinzip Hoffnung. Sie „wirbt“ gegenüber China für „ambitionierte Ergebnisse“, „glaubwürdiges multilaterales Engagement“, „konkrete Maßnahmen“ oder anderweitige Taten im Bereich Klimaschutz. Über den Kohleausstieg will sie „einen intensiven Dialog“ führen.
Doch warum sollte China auf Werben und Dialogangebote eingehen? Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass China hierauf in unserem Sinne antwortet. Die Kommunistische Partei handelt stets aus Eigeninteresse – Priorität eins ist der Machterhalt der Partei. Klimaschutz kann dabei eine Rolle spielen, muss er aber nicht. Wenn die Wirtschaft nicht mehr wächst, haben Kohlekraftwerke eben Priorität.
Auch beim Klimaschutz ist Wettbewerb zielführender als scheinbare Partnerschaft. Ein Beispiel hierfür ist die neue EU-Grenzsteuer auf CO2 – durch sie werden einige chinesische Produkte bald nicht mehr konkurrenzfähig sein, wenn sie nicht klimafreundlich produziert werden. Nur durch solch ökonomischen Druck wird China sich bewegen – nicht durch gutes Zureden.
Die Realität zeigt: China ist kein Partner, weder wirtschaftlich noch bei „globalen Herausforderungen“. Und ganz sicher ist China kein Wertepartner. Und doch bekommt China noch immer die gleiche Wertschätzung wie Länder, die unsere Werte teilen. Noch immer stellen wir China auf eine Stufe mit den USA, mit Japan oder Frankreich. Noch immer nennen wir China „Partner“. Das muss aufhören: China ist Wettbewerber und Systemrivale – kein Partner.
David Missal ist stellvertretender Geschäftsführer der Tibet Initiative Deutschland. Er studierte Sinologie und Journalismus in Peking, Hongkong und Berlin. 2018 wurde er aus China ausgewiesen und setzt sich seitdem für Menschenrechte in Tibet und China ein.

Last modified: 18. Januar 2024