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Das tibetische Hochplateau, das häufig auch Wasserspeicher der Erde oder Dritter Pol genannt wird, ist etwa fünf Millionen Quadratkilometer groß. Die größte hochgelegene Landmasse der Erde liegt durchschnittlich 4500 Meter über dem Meeresspiegel und erstreckt sich über ganz Tibet.
Die Gletscher und Schneefelder des Hochplateaus stellen das größte Frischwasserreservoir jenseits der Pole dar. Einige der bedeutendsten Flüsse Asiens haben hier ihre Quelle: u.a. der Gelbe Fluss, der Jangtse, der Indus, der Mekong und der Yarlung Tsangpo. Rund vier Millionen Tibeter bewohnen das Plateau. Insgesamt leben 250 Millionen Menschen dauerhaft am Dritten Pol und über 1,5 Milliarden sind von seinem Wasser abhängig. Dieses brauchen die Menschen der Region nicht nur zum Bewässern von Feldern, sondern auch als Trinkwasser, zur Stromproduktion, für Industrie, Freizeit und Hygiene.
Seit Beginn der Industrialisierung sind die Temperaturen am Dritten Pol um bis zu 1,5 Grad (Stand 2011) gestiegen. Manche Klimawissenschaftler gehen von einem Anstieg von bis zu 2,6 Grad bis zum Jahr 2050 aus. Laut dem International Center for Integrated Mountain Development schmelzen Gletscher und Schneefelder nirgends schneller als hier.
Die Abnahme von Gletschereis, Firn und Schnee wird dramatische Folgen für die Region und die flussabwärts gelegenen Nationen haben. Zahlreiche der betroffenen Länder sind arm, dicht besiedelt, von Landwirtschaft geprägt und haben eine rasant wachsende Bevölkerung. In trockenen Phasen sind Gletscher die wichtigste Wasserquelle. Fehlt Schmelzwasser in der Trockenzeit können die Folgen katastrophal sein: Zusammenbruch der Landwirtschaft, Hunger und Flucht, gewaltsame Konflikte um Ressourcen und staatliche Hilfslieferungen. Kurzfristig dürfte jedoch weniger Wassermangel das Hauptproblem sein: Mit dem Abschmelzen der Gletscher nimmt das Wasserangebot extrem zu. Flüsse schwellen an und treten über ihre Ufer. Es bilden sich sogenannte Eisstauseen, deren Wassermassen ganze Regionen überfluten können.
Hinzu kommen menschliche Eingriffe in Flusssysteme, die ebenfalls ein großes Gefahrenpotential bergen. Seit der Gründung der Volksrepublik besitzen Dämme jedoch eine große symbolische Bedeutung. Sie sichern nicht nur Wasserreserven und produzieren Energie, sondern gelten auch als Zeichen der kommunistischen Herrschaft über die Natur. Hunderte Dämme wurden in den letzten Jahren in Tibet gebaut, etliche weitere sollen folgen. Der Energiebedarf Chinas lässt die Projekte immer größer werden – und folglich riskanter. Am tibetischen Fluss Yarlung Tsangpo (der in Indien Brahmaputra heißt) plant China den Bau des größten Staudammes der Erde. Selbst der Drei-Schluchten-Damm würde vor ihm verblassen. Die Gefahr von Lawinen oder abbrechenden Gletschern ist hier besonders hoch, weshalb örtliche Geologen darauf drängen, den Plan aufzugeben. Die schwankende Füllstand des Beckens könnte selbst Erdbeben auslösen.
Staatliche Kampagnen gegen tibetische Nomaden haben nicht nur eine besondere Lebensweise zerstört, sondern auch einzigartige Kulturlandschaften und Lebensräume zum Verschwinden gebracht. Die Förderung von Rohstoffen (etwa Gold, Uran oder Lithium) und die expandierende Landwirtschaft führen zur Kontamination von Grundwasser und Flüssen. Giftige, oftmals krebserregende Stoffe gelangen ungefiltert in Flüsse, lagern sich im Boden ab, vergiften Fische und schließlich auch die Menschen. Ein weiteres Problem ist das Verbrennen von Dung, Kohle, Holz oder Benzin. Dabei entstehen Rußpartikel, die als feine Schicht Gletscher bedecken und so deren Abschmelzen weiter beschleunigen.
Die Landschaft rund um den Balchasch-See ist äußerst trocken, weshalb er von zentraler Bedeutung für die Menschen im südlichen Kasachstan ist. Sein wichtigster Zubringer ist der Ili-Fluss, der sein Wasser aus den Gletschern des chinesischen Tian-Shan-Gebirge bezieht. Der Ili fließt durch einen stark industrialisierten Teil Ostturkestans (Xinjiangs). Landwirtschaft, Industrie und Bergbau verbrauchen nicht nur große Mengen Frischwasser, sie kontaminieren das Gewässer auch mit Schwermetallen, Pestiziden und Düngemitteln, die dann nach Kasachstan gelangen, wo sie Trinkwasser, Landwirtschaft und Tierhaltung belasten. Am Beispiel des Balchasch-Sees lässt sich studieren, welchen dramatischen Folgen ein weiteres Abschmelzen der Gletscher und die Industriepolitik Chinas haben könnte.
Durch den Klimawandelt wird mittelfristig immer weniger Wasser Kasachstan erreichen. Ohne die Schmelzwässer des tibetischen Hochplateaus werden Obstanbau, Industrie, Viehzucht und Tourismus zusammenbrechen. Laut Wissenschaftlern ist es nicht ausgeschlossen, dass die größte Umweltkatastrophe des 20. Jahrhundert, die Austrocknung des Aralsees, sich nur wenig hundert Kilometer östlich wiederholen könnte. Und wie damals wäre die Katastrophe auf die blinde und halsbrecherische Politik einer kommunistischen Partei zurück zu führen.
Peking achtet bei der Industrialisierung Ostturkestans weder auf Nachhaltigkeit noch auf die Bedürfnisse des schwächeren Nachbarn. Es missachtet Wasserabkommen mit Kasachstan, hält Informationen über den eigenen Wasserverbrauch unter Verschluss und verhindert unabhängige wissenschaftliche Forschung vor Ort. In der Bevölkerung Kasachstans regt sich jedoch Unmut. Viele empfinden die “Wasserhegemonie” Chinas als arrogante Machtpolitik, Einflussnahme und Expansionismus. So kam es in den vergangenen Jahren in Kasachstan immer wieder auch zu Protesten gegen allzu chinafreundliche Parteien und Personen.
Auch am Dritten Pol selbst nehmen Menschen die chinesische „Entwicklungspolitik“ nicht widerstandslos hin. In den letzten Jahren gab es zahlreiche Proteste gegen Raubbau, Umweltverschmutzung und Umsiedlungen. Besorgte Tibeter*innen klagen vor Gericht, setzen örtliche Behörden unter Druck, pflanzen demonstrativ Bäume in entwaldete Gebieten und demonstrieren gegen lokale Machthaber. Allzu oft treffen sie dabei auf gewalttätige Polizisten, die mitunter auch Schusswaffen einsetzen. Wenn Umwelt-Aktivisten festgenommen werden, droht ihnen langjährige Haft in Gefängnissen, die für ihre menschenunwürdigen Zustände berüchtigt sind.
Ein besonders dramatischer Fall betrifft den tibetischen Umweltaktivisten A-Nya Sengdra, der sich gegen Korruption und illegale Bergbauaktivitäten einsetzte. Ende 2019 wurde er vom chinesischen Staat zu einer Haftstrafe von sieben Jahren verurteilt.
Als autoritärer Staat hält die Volksrepublik viele Daten hinsichtlich politischer Gefangener unter Verschluss, nur ein Bruchteil der Fälle wird bekannt. So protestierten 2014 etwa Dorfbewohner gegen Bergbau und Korruption in Tsojang (Provinz Qinghai). Im Februar wurden zwei Tibeter in Dzoege (Provinz Sichuan) verhaftet, weil sie gegen die Beschlagnahmung von Land protestiert hatten. Dabei führten sie ein Transparent mit den Worten „Wir sind bereit, unser Land mit unserem Leben zu verteidigen“ mit sich. Im August demonstrierten andere Dorfbewohner gegen den Bau einer Mine auf heiligem Grund. Die Demonstration beendeten die Behörden mit der Drohung eines Einsatzes der Militärpolizei. Laut Human Rights Watch setzte die Polizei bei anderen Protesten Reizgas, Schlagstöcke und sogar Schusswaffen ein. 2015 verprügelte die Polizei Demonstranten, die gegen Bergbau im Bezirk Dechen (Provinz Yunnan) protestiert hatten. Bei Protesten gegen die Vergrößerung einer Goldmine im Südwesten Sichuans wurden mindestens 30 Demonstranten verletzt. Berichten zufolge sollen vier Personen an Schussverletzungen gestorben sein.
Viele Berge, Flüsse und Täler werden als heilig wahrgenommen. Trotzdem fluten die chinesischen Behörden diese Stätten, vergiften sie oder errichten Baustellen auf ihnen. Mehrere Tibeter*innen haben sich aus Protest gegen die Zerstörung ihrer Lebenswelt selbst verbrannt. 2012 setzte sich der 35-jährige Tsering Dondhup vor einer Mine in Brand. Nur eine Woche später verbrannte sich ein junger Nomade am gleichen Ort. 2014 stürzte sich der 32-jährige Phakpa Gyaltsen von einem Gebäude, um gegen ein Bergbauprojekt in Tongbar (in der Autonomen Region Tibet) zu protestieren. Im August 2015 setzte sich die vierfache Mutter Tashi Kyi, nachdem ihr Haus abgerissen worden war, in Brand. Häufig folgen auf die Proteste weitere Repressionsmaßnahmen gegen unbeteiligte Familienangehörige.
Der kommunistische Kampf gegen die Natur hat in der Vergangenheit zu gravierenden ökologischen Schäden geführt: der Bau von Staudämmen während des Großen Sprungs in China, die Austrocknung des Aralsees aufgrund der Baumwollwirtschaft in der Sowjetunion oder die Kontamination der Luft durch schmutzige Industrien in der DDR um nur einige Beispiele zu nennen. Die Sowjetunion scheute nicht davor zurück Kanalarbeiten mit Atomexplosionen durchzuführen. Am Dritten Pol findet diese autoritär-hochmodernistische Ideologie ihre Fortsetzung.
Auch die Länder des Westens haben in der Vergangenheit Böden degradiert, Ressourcen verschwendet oder Landschaften in Deponien verwandelt. Dennoch gibt es zwischen beiden Systemen einen grundlegenden Unterschied: Anders als Diktaturen sind Demokratien empfänglich für ökologisches Feedback und Kritik der Bevölkerung. Wenn der Regen sauer wird, Fische sterben und Menschen mit Vergiftungen eingeliefert werden, kann sich öffentliche Empörung bemerkbar machen und Kurkorrekturen erzwingen.
Die Menschheit steht den Folgen des Klimawandels nicht ohnmächtig gegenüber. So wie die Aufklärungskampagnen über die beschädigte Ozonschicht zu einem erfolgreichen Handeln führte, so besteht auch jetzt die Möglichkeit, die Welt auf ein sich veränderndes Klima vorzubereiten, etwa durch alternative Formen des Transports, der Energie oder des Wohnens.
China steht vor gewaltigen Herausforderungen. Die krassen Umweltprobleme, die das Land seit Jahrzehnten plagen, zeigen, wie wenig nachhaltig das kommunistische Herrschaftssystem ist. Wer für ein freies Tibet kämpft, der kämpft auch gegen die Folgen des Klimawandels. Die Erhaltung der einzigartigen Landschaft des Dritten Pols – als Selbstzweck und als Lebensgrundlage von Menschen, Tieren und Pflanzen – kann es nur in einem freien Tibet geben, in dem die Achtung der Natur eine Säule der buddhistischen Philosophie ist. Man kann den Menschen Asiens nur ein liberales und demokratisches China wünschen, das die Ressource Wasser fair und gemeinschaftlich verwaltet.
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