Die Buchhandelskette Thalia lässt sich von China bezahlen, um Staatspropaganda zu verbreiten. Warum? Wir haben bei dem Konzern einmal nachgefragt.
Zur Erinnerung:
Als Thalia mit dem chinesischen Staatsunternehmen CNPIEC vor einigen Wochen eine Kooperation einging, konnte man plötzlich in einigen Filialen volle Regale mit staatsfreundlicher chinesischer Literatur sehen, unter anderem auch die gesammelten Reden von Staatspräsident Xi Jinping. Geliefert werden die Bücher von der in Rödermark ansässigen Tochtergesellschaft „China Book Trading“.
China-Propaganda im Ausland ist oft subtil
Na klar: Chinesische Primärliteratur zu lesen, um das Land besser zu verstehen, ist an sich nichts Schlechtes. Wir leben schließlich noch in einer Demokratie und als mündige Bürger*innen sollten wir uns selber Urteile bilden können. Doch was uns Sorgen bereitet, ist die Tatsache, dass sich hier ein Muster der chinesischen Auslandspropaganda erkennen lässt: Die chinesische Regierung will in der Welt gezielt ein harmonisches Bild von China verbreiten. Das Land soll mit Teezeremonien und Kalligraphie in Verbindung gebracht werden – statt mit Zwangsarbeit, Folter und Umerziehungslagern.
In dieses anvisierte Bild gehören auch die angeblich so „glücklichen“ Tibeter, welche der Kommunistischen Partei ihre „Dankbarkeit“ zum Ausdruck bringen. Ein Bild fern der Realität, die in Tibet von Verbrechen gegen die Menschlichkeit und kultureller Genozid bestimmt ist.
Dass Thalia hier als Marionette der Kommunistischen Partei fungiert, um ein positives China-Bild im Ausland zu vermitteln, will die Buchhandlung natürlich nicht zugeben.
Das hat uns Thalias Pressestelle dazu gesagt:
Die gemieteten China-Regale seien nur zeitlich begrenzte Tests. Dass sich Thalia für die Vermietung der Regale von dem chinesischen Staatskonzern bezahlen lässt, scheint festzustehen. Wirklich zugeben, wollen sie es nicht. Wir haben bei Thalia nochmal nachgehakt.
Auf unsere Frage „Bekommt Thalia Geld für die Kooperationsregale?“, antwortete uns der Konzern:
“Wir bitten um Verständnis, dass wir uns zu den mit unseren Partnern vereinbarten Konditionen generell nicht öffentlich äußern.“
Thalia Pressestelle
Und zur Frage “Warum die Kooperation mit CNPIEC?”:
“Wir als Buchhändler wählen aus, stellen Sortimente zusammen und empfehlen Bücher. Das machen wir mit ganz großem Engagement, weil wir sicher sind, dass Lesen die Welt besser macht. Wir sind zutiefst von der mündigen Leserin und vom mündigen Leser überzeugt, die eben auch zum Original greifen wollen, gerade bei kritischen Themen. Und wo es nötig ist, stellen wir den Zusammenhang her.
Genau dafür ist unsere Kooperation mit einem staatlichen chinesischen Verlag ein gutes Beispiel. In China gibt es keine privaten Verlage – jeder Verlag, jede Publikation, unterliegt der staatlichen Kontrolle. Wenn wir uns ein umfassendes Bild machen wollen, führt kein Weg an offiziellen Stellen vorbei.“
Thalia Pressestelle
Daraufhin erwähnt die Pressesprecherin als Grund der Kooperation mit CNPIEC das 2005 abgeschlossene
“Kulturabkommen zwischen Deutschland und China mit dem Ziel, den Austausch in den Bereichen Kultur, Bildung, Sport und Jugend zu fördern.“
Thalia Pressestelle
Thalias diplomatische Ambitionen in allen Ehren, aber würde das nicht bedeuten, dass die zahlreichen anderen Kulturabkommen, die Deutschland mit anderen Ländern abgeschlossen hat, ebenfalls für gemietete Regale sorgen müssten? Alle Kulturabkommen sind gleich, aber manche sind gleicher?
Oder reicht der Platz etwa nur für China?
Unsere Frage danach blieb auch nach der dritten E-Mail unbeantwortet.
Schließlich verkündet Thalias Presseprecherin noch, dass man ja Wert auf ein „ganzheitliches China-Sortiment“ lege und „sehr unterschiedliche Meinungen nur wenige Zentimeter voneinander entfernt“ seien.
Dass Thalia nach dem Medienwirbel um die Propaganda-Kooperation dann extra einen Tisch mit chinakritischer Literatur unter dem Titel „Brennpunkt China“ vor den gemieteten Regalen aufgestellt hat, wirkt an dieser Stelle jedoch eher peinlich als aufrichtig.
Last modified: 26. August 2021