Am 8. Juni verwandelte sich die Alte Münze Berlin in ein kleines Tibet, bei dem die reichhaltige Kultur der Tibeter*innen im Mittelpunkt stand. Aus Anlass des fünfunddreißigjährigen Jubiläums der Tibet Initiative haben wir in Berlin mit all unseren Mitgliedern, Unterstützer*innen, Tibeter*innen und Tibet-Interessierten Tibet gefeiert. Rund 300 Gäste genossen über sieben Stunden hinweg ein Programm auf zwei Bühnen – voller Musik, Workshops, Lesungen, Ausstellungen und faszinierender Vorträge.
Ein feierlicher Auftakt
Tibetische Mönche eröffneten das Festival mit einer traditionellen Rauchopfer-Zeremonie. In einer Atmosphäre des Gebets und der Reinigung segneten sie den Veranstaltungsort auf traditionelle Weise. Wolfgang Grader Vorsitzender der TID eröffnete das Programm mit einem kurzen Rückblick in die Vergangenheit der TID und einem Video.
Anschließend verlas Tenzin Choesang, Vertreterin des Tibet-Büros in Genf, eine Grußbotschaft Seiner Heiligkeit des Dalai Lama zum Jubiläum der Tibet Initiative Deutschland:
„Ich schätze den bemerkenswerten Beitrag sehr, den unsere Tibet-Unterstützungsgruppe in Deutschland (TID) im Laufe der Jahre geleistet hat, um das Bewusstsein für die tibetische Frage zu schärfen und Unterstützung zu gewinnen. Die Tibet-Frage ist nicht nur eine politische Frage; sie betrifft auch die Bewahrung der Kultur des Mitgefühls und der Gewaltlosigkeit […]. Deshalb glaube ich, dass unsere Kultur […] viel zur Verbesserung der Weltgemeinschaft beitragen kann und es daher sehr wichtig ist, sie zu bewahren.“
Bunte Vielfalt auf zwei Bühnen
Rund um die Outdoor-Bühne Lhung gab es ein abwechslungsreiches Programm aus Lesungen, Workshops und Konzerten. Besonders beeindruckend war der Auftritt von Gendun und seinen Freunden, die mit ihren Klängen die Besucher*innen in die musikalische Welt Tibets entführten. Loten Namling zeigte außerdem einen tibetischen Yak-Tanz.
Ein Höhepunkt des Indoor-Programms war das Konzert des renommierten tibetischen Künstlers Techung, der aus den USA angereist war. Seine traditionellen, emotionalen und politischen Lieder rührten nicht wenige Zuhörer*innen zu Tränen. Gemeinsam mit Philipp Rumsch am Synthesizer schuf Techung unvergessliche musikalische Momente.
Politik und Talks
Drinnen und draußen fanden außerdem verschiedene Gesprächsrunden statt. Schauspieler Ralf Bauer begrüßte als Moderator der Indoor-Bühne Tummo zunächst den Vorsitzenden der Tibet-Parlamentsgruppe Michael Brand (CDU/CSU) und den taiwanesischen Botschafter in Deutschland Prof. Dr. Shieh. Beide sprachen über die geopolitischen Absichten Chinas gegenüber Tibet und Taiwan und machten klar: Wir müssen gemeinsam gegenüber der Kommunistischen Partei einstehen. Auch zwei Parlamentarier des tibetischen Exilparlaments – Thubten Wangchen und Thupten Gyatso – waren anwesend. Sie diskutierten über die EU-Wahlen und den Einsatz für Tibet auf EU-Ebene.
Junge Stimmen und bewegende Geschichten
Besonders wichtig war es uns, jungen Stimmen Platz bei dem Festival einzuräumen. So wurde das komplette Programm auf der Outdoor-Bühne von Thupten und Norzin vom österreichischen Tibet-Verein V-Tag Austria moderiert. Außerdem fand im Innenbereich eine Talkrunde mit jungen Aktivisten statt. Insgesamt fünf junge Tibet-Aktivisten erklärten, warum sie sich für Tibet einsetzen – voller Hoffnung, Professionalität und Energie, und voller Zuversicht für die Zukunft der Tibet-Bewegung. Einen Einblick in die tibetische Kultur gab es bei den Darbietungen junger Tibeter*innen, die in traditionellen Tänzen das Erbe Tibets auf die Bühne brachten.
Nachhaltiger Einsatz
Gleichzeitig haben wir auch auf die Arbeit der Tibet Initiative zurückgeblickt. Emotionaler Höhepunkt war ein Impulsstatement von Golog Jigme, einem ehemaligen politischen Gefangenen und langjährigen Menschenrechtsaktivisten. Er blickte auf die vergangenen Jahre der Zusammenarbeit mit der Tibet Initiative zurück und betonte die nachhaltige Unterstützung seitens der TID. Seit seiner Flucht aus Tibet 2015 organisierte die TID regelmäßig Veranstaltungen und Touren mit ihm. Bei der Veranstaltung war auch der Künstler Pau Nubiola aus Barcelona anwesend, der in seiner eindrücklichen Ausstellung „Flames in The Silence“ die Porträts aller 160 Menschen zeigte, die sich in Tibet aus Protest gegen die Unterdrückungspolitik Chinas selbst verbrannt haben. Ergänzend zu seiner Ausstellung wurde noch die „Gewaltfreiheit Tibet“-Ausstellung gezeigt, welche 2023 für die Deutschland-Tournee des Theaterstücks „Pah-Lak“ von der TID konzipiert worden war.
Kino und Konzert: Ein krönender Abschluss
Den Abschluss des Indoor-Programms bildete das Screening des Dokumentarfilms “Amala”. In diesem 50-minütigen Film beleuchtet der tibetische Regisseur Geleck Palsang das Leben und die Herausforderungen von Jetsun Pema, der jüngeren Schwester des Dalai Lama. Die bewegende Geschichte fesselte das Publikum und gab einen tiefen Einblick in das Leben einer bemerkenswert starken Frau.
Um 21 Uhr fand dann auf der Outdoor-Bühne das letzte Highlight des Tages statt: das Konzert von Loten Namling und Matthias Vogel statt. Mit Lotens kraftvoller Stimme präsentierte er eine Mischung aus moderner und traditioneller tibetischer Musik. Der Abend endete mit mehreren Zugaben, unter anderem auch gemeinsam mit Techung.
Ein unvergessliches Erlebnis
Das Tibet Festival in Berlin war mehr als nur eine Veranstaltung – es war ein Fest der Sinne, das die Besucher*innen tief berührte und ihnen die Schönheit und Einzigartigkeit der tibetischen Kultur näherbrachte. Die lebendige Atmosphäre, die Vielfalt der Programmpunkte und die herzliche Gastfreundschaft schufen ein unvergessliches Erlebnis, das noch lange in Erinnerung bleiben wird. Die Tibet Initiative hat mit diesem Festival nicht nur ihr 35-jähriges Bestehen gefeiert, sondern auch ein starkes Zeichen für den kulturellen Austausch und das Miteinander gesetzt. Wir bedanken uns bei allen, die uns bei der Umsetzung unterstützt und dieses Fest ermöglicht haben.
Das Tibet Festival wurde hauptsächlich durch Spenden ermöglicht. Unterstützen Sie uns mit Ihrer Mitgliedschaft oder Spende und tragen Sie dazu bei, dass wir unsere Arbeit fortsetzen können. Sie helfen uns damit, das Bewusstsein für die Menschenrechtslage in Tibet zu schärfen und fördern unsere Projekte zur Erhaltung der tibetischen Kultur.
Last modified: 14. Juni 2024