BERLIN, 12.08.2021: Das ProSieben-Wissenschaftsmagazin „Galileo“ verharmlost die Menschenrechtslage in Tibet: In einer Kurzreportage mit dem Titel „5 Gadgets im Alltag eines Tibeters“ sind zahlreiche problematische Szenen enthalten. In einer Antwort auf ein Schreiben der Tibet Initiative Deutschland zeigt die „Galileo“-Redaktion keinerlei Problembewusstsein.
Manch eine Szene im „Galileo“-Beitrag hätte so auch einem Propaganda-Video der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) entstammen können: Eine chinesischsprachige Tibeterin zeigt sich zufrieden mit den neusten technischen Errungenschaften; lächelnd und in traditioneller Tracht gekleidet erweckt sie den Eindruck eines harmonischen Lebens in Tibet unter chinesischer Kontrolle. Kein Wort im Bericht zu erzwungener kultureller Assimilierung und extremen Strafen für freie Meinungsäußerung oder Kritik am chinesischen Regime.
Angesichts der politischen Lage in Tibet und etlicher irreführender Aussagen im „Galileo“- Bericht wandte sich die Tibet Initiative in einem Brief an ProSieben, um auf die Problematik hinzuweisen. Zu im Bericht dargestellten historischen Gegebenheiten heißt es im Schreiben:
„[Wir sind] erschrocken über die oberflächliche Darstellung von historischen Gegebenheiten. Tibet wurde 1951 unter Androhung von Gewalt durch die chinesische Volksbefreiungsarmee annektiert. Seitdem ist Tibet illegal von China besetzt. Im Beitrag zeigt ‚Galileo‘ diese historische Realität nicht – im Gegenteil: Ein symbolischer, freundschaftlicher Handschlag wiederholt das Narrativ der chinesischen Regierung der ‚friedlichen Eingliederung‘ Tibets in China.“
In einer Antwort der „Galileo“-Redaktion zeigt diese wenig Einsicht: Wie bereits zuvor auch ARD und ZDF zeigt auch ProSieben kein Verständnis für die Kritik an unkritischen Reportagen. Das Argument: Die Reportage sei unpolitisch. „In China ist alles politisch – wer die Propaganda der Kommunistischen Partei unreflektiert wiederholt, unterstützt damit aktiv das System der Unterdrückung in Tibet und China“, erwidert die Kampagnenreferentin der Tibet Initiative.
In der Antwort der „Galileo“-Redaktion heißt es weiter: „Da [die Protagonistin] wie alle Einwohner Tibets einen chinesischen Pass hat, finden wir es inhaltlich auch zulässig, sie an einer Stelle des Films als Chinesin zu bezeichnen.“ Damit ignoriert die Redaktion den jahrzehntelangen Widerstand der Tibeter*innen gegen chinesische Unterdrückung sowie ihre Identität als Volksgruppe.
Die Tibet Initiative fordert von deutschen Medien eine faktenbasierte Darstellung der Lage in Tibet. Menschenrechtsverletzungen auszuklammern und das Narrativ der Kommunistischen Partei zu übernehmen, wird dem Anspruch professioneller Berichterstattung nicht gerecht.
Last modified: 6. September 2024