BERLIN, 03.05.2021: Die ARD hat dieses Wochenende auf einen Protest der Tibet Initiative reagiert und nahm nach mehreren Forderungen die umstrittene Naturdokumentation „Wildes China“ aus ihrer Mediathek heraus. Diese verbreitete zum Teil ungefiltert das offizielle chinesische Propaganda-Narrativ über Tibet, welches im krassen Unterschied zu den gravierenden Menschenrechtsverletzungen steht, die sich in Tibet seit nunmehr 70 Jahren zutragen. Am heutigen Internationalen Tag der Pressefreiheit begrüßt die Tibet Initiative die Reaktion der ARD auf unseren Protest sowie mehrere Leserbriefe, welche verlangten, die Dokumentation zu entfernen.
„Erlebnis Erde – Wildes China“, eine Koproduktion des chinesischen Staatssenders CCTV und der BBC, wurde im März erstmalig beim NDR zur besten Sendezeit ausgestrahlt und zeigte neben Szenen zur Natur und Umwelt in China unter anderem auch ein völlig unrealistisches Bild des Lebens in Tibet.
Die scheinbar harmlose Dokumentation spiegelte eins zu eins wider, was uns die Kommunistische Partei Chinas (KPCh) im Ausland vermitteln möchte – dass Tibeter*innen im besetzten Tibet dankbar und glücklich unter chinesischer Herrschaft seien.
Zu sehen waren zum Beispiel Szenen von tibetischen Mönchen bei ihrer vermeintlich freien Religionsausübung. Dass die Religions- und Meinungsfreiheit in Tibet jedoch massiv unterdrückt wird, zeigte erst jüngst das Beispiel des 19-jährigen Mönches Tenzin Nyima, der von Behörden in unmittelbarer Nähe der Drehorte durch Folter in Haft getötet wurde, nachdem er öffentlich die Freiheit seines Landes forderte.
Tibet-Gruppen und Zivilbevölkerung protestieren gegen die Dokumentation
In zwei Briefen an NDR und ARD reagierten wir gemeinsam mit der Gesellschaft für bedrohte Völker im April auf die Ausstrahlung der Filmreihe und deren weitere Verfügbarkeit in der ARD, welche ursprünglich bis März 2022 angesetzt war.
Nachdem eine Antwort der NDR-Redaktionsleitung an uns vorerst zu keiner weiteren Einsicht führte, protestierte die Tibet Initiative vergangene Woche vor dem ARD-Hauptstadtstudio.
In einer Briefaktion an die ARD wurden Bürger*innen und Tibet-Unterstützer*innen dazu ermutigt, ebenfalls an die ARD-Zuschauerredaktion zu schreiben. Der Druck aus der Tibet-Bewegung und Zivilbevölkerung zeigt sich nun als erfolgreich.
Im Interview mit Massengeschmack.TV sprach Geschäftsführerin Zöchbauer über die Gefahren, welche subtile KPCh-Propaganda auch in Deutschland für unabhängigen Journalismus birgt.
“Seit 2009 wird Journalist*innen der Zugang und eine unabhängige Berichterstattung aus Tibet verwehrt. Die Geschichten, die uns erreichen, werden von der KPCh gezielt dazu eingesetzt, ihr Narrativ über Tibet in der Welt zu verbreiten. Mit dem Protest haben wir auf die aktuell herrschende einseitige Berichterstattung aufmerksam gemacht und konnten ein starkes Zeichen gegen die Einflussnahme der KPCh in den deutschen Medien setzen.” sagt Tenzyn Zöchbauer, Geschäftsführerin der Tibet Initiative Deutschland.
Fall der ARD zeigt: KPCh-Propaganda im Ausland kann entgegengewirkt werden
Die Kampagne „Tibet Unzensiert“ der Tibet Initiative versucht diesem Einfluss entgegenzuwirken, indem sie darauf aufmerksam macht, dass die ARD-Dokumentation kein Einzelfall ist: KPCh-Propaganda erscheint unter anderem auch in der Zeitungsbeilage „China Watch“ im Handelsblatt oder vor Kurzem in gekauften Bücherregalen der Buchhandelskette Thalia.
Ausländische Medienunternehmen werden oft auch unbewusst zu Mitspielern der KPCh-Strategie, welche darauf abzielt, chinesische Staatspropaganda auch außerhalb Chinas zu verbreiten. Der Fall der ARD gibt jedoch Hoffnung, dass solche Fehler auch wieder rückgängig gemacht werden können.
Last modified: 11. August 2021