Die chinesische Regierung möchte vier große Gebiete in Tibet zu Naturschutzgebieten erklären. So weit, so gut? Von wegen: Im Namen von Umweltschutz und Entwicklung sollen die tibetischen Nomaden vertrieben werden, die dort seit Hunderten von Jahren im Einklang mit der Natur leben.

Das geht aus einer Untersuchung der Organisation „Australia Tibet Council“ hervor. Demnach sollen sich ab 2020 vier große Nationalparks über das tibetische Hochplateau erstrecken, die zum Schutz der Natur, zur Eindämmung des Klimawandels und zur Bekämpfung der Armut beitragen sollen.
Was sich erstmal positiv anhört, hat bei näherem Hinsehen immense negative Konsequenzen: Die Autoren sehen in den Plänen eine massive Bedrohung des nomadischen Lebens in Tibet. Fast alle dort lebenden Nomaden sollen nämlich von ihren angestammten Ländereien vertrieben werden.
Nomaden leben im Einklang mit der Natur
Dass Nomaden aus Umweltschutzgründen weichen sollen, halten die Autoren der Untersuchung für einen Hohn: Die Nomaden der Hochebenen Tibets lebten in komplettem Einklang mit der Natur, betrachteten die Landschaft als heilig.
Durch ihre Mobilität und die traditionelle Beweidung ermöglichten sie eine nachhaltige Bewirtschaftung der Weiden und verhinderten die Zerstörung von Grünland. Die sorgfältige Bewirtschaftung trage zudem zur Erhaltung des Kohlenstoffgehalts im Boden bei. Auch betrachteten sich tibetische Nomaden keinesfalls als arm, sondern als wohlhabend.
Vielmehr seien die neuen Pläne eine Fortsetzung der chinesischen Politik, mit der die tibetischen Nomaden seit zwei Jahrzehnten systematisch von ihren Wiesen vertrieben würden. Sie müssten herhalten für eine jahrzehntelange verfehlte Politik der chinesischen Führung, die Klimaschäden, Bedrohung der Ernährungs- und Wassersicherheit und den Verlust der biologischen Vielfalt erst ermöglicht habe.
„Gemeinsame, kooperative Lösungen finden“
Der Australia Tibet Council ruft Umwelt-NGOs, Agenturen, Regierungen und Parlamentarier nachdrücklich dazu auf, die aktuellen Pläne hinsichtlich ihrer Konsequenzen für die Tibeter zu prüfen. Die internationale Gemeinschaft dürfe die Nationalparks nur dann begrüßen, wenn tibetische Stimmen angehört und gemeinsame, kooperative Lösungswege gefunden werden.
Die ausführliche Untersuchung steht auf den Seiten des Australia Tibet Council zum Download bereit.
Last modified: 17. Juni 2019