Einmal mehr scheint sich Nepal zum Handlanger der chinesischen Behörden zu machen: Gerade erst wurden offizielle Feierlichkeiten zum Geburtstag des Dalai Lama verboten. Bereits Ende Juni wurde einem tibetisch-stämmigen Amerikaner die Einreise verwehrt – offenbar nur, weil er denselben Namen hat wie ein tibetischer Amtsträger.
„Ich heiße Penpa Tsering und lebe in New Mexico in Amerika“, erzählt Penpa Tsering. Bevor er in die USA ausgewandert sei, habe er rund 20 Jahre lang bei der tibetischen Exil-Administration gearbeitet.
Im Juni nimmt Penpa Tsering Urlaub, um in Dharamsala in Indien einer Zeremonie zu Ehren Seiner Heiligkeit, des Dalai Lama, beizuwohnen – gemeinsam mit anderen ehemaligen Mitarbeitern der tibetischen Administration. „Davor hatte ich etwa eine Woche Zeit, die ich für einen Besuch in Nepal nutzen wollte.“
Unmittelbar nach seiner Ankunft in Kathmandu am 22. Juni beginnen die Probleme: „Die Beamten haben mir meinen Pass abgenommen, ihn gescannt und auf ihrem Computer untersucht“, sagt Penpa Tsering. Auf dem Bildschirm habe er einen Brief mit chinesischem Briefkopf erkennen können. „Sie machten eine Kopie davon und lasen ihn immer wieder.“
Schließlich fragt ihn ein Beamter, ob er Penpa Tsering sei, der Sprecher der Volksvertreter der Exiltibeter. „Ich habe gesagt, dass ich nicht der ehemalige Sprecher des Parlaments der Exiltibeter sei, ihn aber gut kenne“, sagt Penpa Tsering. „Dass wir zwei verschiedene Personen seien.“
Abschiebung unter scharfen Sicherheitsvorkehrungen
Obwohl sich die Einreise weiter verzögert und alle anderen Reisenden inzwischen den Kontrollbereich verlassen haben, rechnet Penpa Tsering nicht mit einer Abweisung: „Ich dachte nicht, dass sie mir das Einreisevisum verweigern würden, da ich Amerikaner bin und einen amerikanischen Ausweis besitze.“ Dann tauchen Polizeibeamte auf, verbieten ihm, sein Handy und sein iPad zu benutzen. Auch einen Anruf seiner Frau darf er nicht abnehmen.
„Ich fühlte mich sehr elend“, sagt Penpa Tsering. „Ich dachte, wegen der Chinesen machen sie mir so große Schwierigkeiten, obwohl wir in einem freien Land leben. Wie müssen erst unsere Landsleute leiden, die in Tibet leben?“ Schließlich erhält er die erschütternde Nachricht: Er muss zurück in die USA fliegen. Nur vier Stunden nach seiner Ankunft verlässt er Nepal wieder – unter scharfen Sicherheitsvorkehrungen: „Ich wurde von fünf Polizisten bewacht und bis zum Flugzeug begleitet.“
Den Flug muss Penpa Tsering selbst bezahlen. Er bezahlt bar, weil der Flug so viel günstiger ist – ein Fehler, wie sich später herausstellt: „Wenn ich die Kreditkarte benutzt hätte, hätte ich nachweisen können, dass ich den Rückflug selber bezahlt habe“, so Penpa Tsering. „Denn später haben sie behauptet, dass die nepalesische Regierung meinen Rückflug bezahlt habe.“
„Jemand, der Schwierigkeiten macht“
Über die Gründe seiner Abweisung in Nepal kann Penpa Tsering nur spekulieren. Er ist sich sicher, dass den hinzugezogenen chinesischen Behörden die Namensverwechslung aufgefallen sein muss: „Die Chinesen konnten feststellen, dass ich nicht die Person sei, die sie meinten.“ Er vermutet vielmehr, dass die Überprüfung, etwa eine Untersuchung seiner Social-Media-Profile, sein pro-tibetisches Engagement sichtbar gemacht habe. „Sie konnten feststellen, dass ich lange bei der Exilregierung war und mich mit tibetischen Flaggen bei Demonstrationen und Mahnwachen beteiligt habe. Deshalb haben sie mich eingestuft als jemanden, der Schwierigkeiten bereitet.“
Ob an dieser Vermutung etwas dran ist, wird jetzt laut Penpa Tsering auch offiziell untersucht: „Der US-Botschafter hat die nepalesische Regierung gefragt, ob es stimmt, dass einem amerikanischen Bürger auf Druck eines anderen Landes das Visum verweigert worden sei.“ Dass dadurch politischer Druck auf die nepalesischen Behörden entsteht, macht Penpa Tsering Hoffnung. Er will bei der Aufarbeitung der Angelegenheit helfen: „Ich werde später, wenn ich in Amerika bin, den zuständigen Behörden alles berichten.“
Der Bericht basiert auf einer Zusammenfassung eines Interviews von Penpa Tsering in der „The Tibetan Times“. Tsering Ngodup aus Heidelberg hat es für uns freundlicherweise aus dem Tibetischen übersetzt. Dafür vielen Dank!
Neben anderen berichteten auch Radio Free Asia, die Tibet Sun und die Himalayan Times über den Fall.
Last modified: 10. Juli 2019