Das Bild des Dalai Lama ist seit dem Wochenende erstmals auf sozialen Medien in Tibet erlaubt. Das Foto des 14. Dalai Lama war seit seiner Flucht 1959 ins indische Exil strengstens verboten. Der Besitz eines Fotos oder das Verteilen der Bilder über Messenger-Dienste führte in vielen Fällen zu Haft oder Folter. Seit Samstag teilen zahlreiche Accounts auf der chinesischen Social-Media-Plattform Weibo Ausschnitte und Screenshots des viralen Dalai-Lama-Videos, welches vergangene Woche weltweit für Aufsehen sorgte.
Einzelne – noch nicht verifizierte – Nachrichten und Videos deuten darauf hin, dass die Bilder des Dalai Lama in Tibet positiv aufgenommen worden sind. Die Menschen in Tibet haben den Dalai Lama seit Jahrzehnten nicht mehr gesehen, die allermeisten sind ohne sein Bild aufgewachsen.
„Der Dalai Lama bedeutet für uns Tibeter*innen alles. Er ist Tibet. So schmerzvoll die vergangene Woche auch für uns war – das Video hat ermöglicht, dass Tibeter*innen in Tibet nach 60 Jahren endlich wieder ein Bild des Dalai Lama öffentlich sehen können“, so Tenzyn Zöchbauer, Geschäftsführerin der Tibet Initiative Deutschland. „Die Kommunistische Partei versucht mit den Bildern gezielt den Dalai Lama zu verleumden. Es deutet alles drauf hin, dass die Tibeter*innen trotzdem hinter dem Dalai Lama stehen. Wenn sich diese Nachrichten bestätigen, mache ich mir große Sorgen um die Tibeter*innen: Die Gefahr ist groß, dass die chinesische Regierung brutal gegen Menschen vorgeht, die den Dalai Lama weiter verehren.“
Unter dem Hashtag „Wie ekelhaft ist es, wenn der Dalai einem Jungen einen Zungenkuss gibt?“ verbreiten sich seit Samstag auf Weibo verleumderische Posts gegen den Dalai Lama. Beiträge mit allein diesem Hashtag wurden bis Dienstagmorgen mehr als 440 Millionen Mal angesehen. Das Video war ab dem 9. April zunächst auf westlichen Social-Media-Plattformen verbreitet worden. Es zeigt die Begegnung zwischen dem Dalai Lama und einem indischen Jungen, nicht aber einen „Zungenkuss“.
„Die Reaktion auf das Video von der Audienz des Dalai Lama hat uns Tibeter*innen schwer getroffen. Emotional ist es kaum auszuhalten, wie das Video verzerrt wird – ohne dabei den Kontext zu zeigen und tibetische Stimmen zu Wort kommen zu lassen“, so Geschäftsführerin Zöchbauer. Tibeter*innen weltweit haben in der vergangenen Woche versucht, den kulturellen Hintergrund zum Verhalten des Dalai Lama sowie den Kontext zu erklären. Auch die Tibet Initiative Deutschland veröffentlichte hierzu eine Stellungnahme.
Weitere Informationen:
Statement der Tibet Initiative Deutschland
Statement von internationalen Tibet-Aktivisten
VICE: „Tibetans Explain What ‘Suck My Tongue’ Means“
Last modified: 20. April 2023