Mit unserer Flaggenaktion ermutigen wir Städte und Gemeinden jährlich dazu, am 10. März die Tibet-Flagge zu hissen. Bis vor einigen Jahren wehten die tibetischen Farben auch über dem Mindener Rathaus. Dann war Schluss damit – zum Ärger so mancher Mindener Bürger, die darin ein Einknicken vor dem chinesischen Städtepartner Changzhou witterten. Die SPD-Basis möchte das Thema jetzt offenbar neu beleben.

Es beginnt mit einem Leserbrief, der im April 2018 unter der Überschrift „Lasst die Tibet-Flagge flattern“ im Mindener Tageblatt erscheint. Christiane Haselau, langjähriges Mitglied der Tibet Initiative Deutschland, kritisiert darin, dass sich die Stadt Minden seit einigen Jahren nicht mehr an der Flaggenaktion beteiligt.
Auf Nachfrage sei dies ihr gegenüber mit der neuen Städtepartnerschaft Mindens mit der chinesischen Stadt Changzhou begründet worden. „Wenn es um wirtschaftliche Interessen geht, bleiben die Menschenrechte auf der Strecke“, resümiert Christiane Haselau. „Ein zutiefst beschämender Kotau vor der chinesischen Diktatur.“
Von dem engagierten Leserbrief neugierig gemacht, nimmt der Mindener Blogger Jürgen Schnake die Geschichte auf und bittet die Pressestelle der Stadtverwaltung Minden um eine Stellungnahme. Die bestätigt ihm, dass die Absage der Flaggenaktion in Zusammenhang mit der Städtepartnerschaft steht. Man wolle „keinen Ärger verursachen“.
Offiziell begründet wird die Absage der Flaggenaktion 2018 laut dem Mindener Tageblatt offenbar damit, die Flagge sei nicht auffindbar.
Debatte setzt sich 2019 fort
Im März 2019, kurz vor dem 60. Jahrestag des tibetischen Volksaufstandes von 1959, wird die Teilnahme an der Aktion „Flagge zeigen für Tibet“ erneut abgesagt, diesmal mit einer juristischen Begründung. OctoberNews zufolge geht die Mindener Verwaltung davon aus, dass die geltende Gesetzgebung das Hissen der Flagge verbiete – zu Unrecht: Wie das lokale Online-Magazin treffend ausführt, ist das Hissen der Tibet-Flagge durchaus zulässig, sofern die Verwaltungsleitung das wünscht, „im Fall der Stadt Minden Bürgermeister Michael Jäcke“.
Wie Christiane Haselau vermutet auch das News-Portal die Changzhou-Städtepartnerschaft als wahre Ursache für den Stopp der Flaggenaktion. Bestätigt wird diese Vermutung durch einen aktuellen Artikel im Mindener Tageblatt (€). Nach Informationen der Zeitung hat sich SPD-Bürgermeister Michael Jäcke intern entsprechend geäußert.
Impulse zur Wiederbelebung der Flaggenaktion
Das Vorgehen ihres Bürgermeisters scheint einigen Mitgliedern der örtlichen SPD-Basis jedoch übel aufzustoßen. Wie das Mindener Tageblatt weiter berichtet, hätten Mitglieder den „Eiertanz“ um die Teilnahme an der Flaggenaktion kritisiert. Im März 2019 sei der Antrag eines Ortsvereins angenommen worden, im November eine Veranstaltung zur politischen Situation in Tibet auszuführen. Der Anfang zur Wiederbelebung der Flaggenaktion?
Christiane Haselau, die mit ihrem Leserbrief die neue Debatte ausgelöst hat, will dafür kämpfen. Sie hat bereits alle Parteien in Minden angeschrieben und erste positive Signale erhalten. Christiane Haselau war es auch, die erst dafür gesorgt hatte, dass die tibetische Flagge 2008 erstmals über dem Mindener Rathaus wehte, begleitet von einer Mahnwache. Die Flagge hatte sie dem damaligen Bürgermeister Michael Buhre höchstpersönlich als Geschenk überreicht.
Die Aussetzung der Flaggenaktion hat Christiane Haselaus Engagement für Tibet nicht beeinträchtigt – im Gegenteil: Gemeinsam mit einer Freundin hat sie für die Tibet Initiative eine Kontaktstelle in ihrem Wohnort Porta Westfalica eingerichtet. Auch in der Kleinstadt wollen die beiden die Tibet-Flagge künftig am 10. März sichtbar machen: „Ich habe richtig viele Ideen dafür“, sagt sie uns.
Danke an Menschen wie Christiane Haselau für ihr tolles und oft kräftezehrendes lokales Engagement für Tibet – und an die örtlichen Medien, Blogger und Portale, die diese Themen aufnehmen und sichtbar machen.
Last modified: 26. Juni 2019