Die Flaggenaktion 2020 naht: Am 10. März werden wieder Hunderte Städte, Gemeinden und Landkreise in ganz Deutschland die tibetische Flagge hissen. Mit der Aktion am Jahrestag des tibetischen Volksaufstandes von 1959 setzen die Teilnehmer ein Zeichen für Menschenrechte und zeigen ihre Solidarität mit den unterdrückten Tibeterinnen und Tibetern. Zum Auftakt der Aktion sprachen wir mit Sven-Georg Adenauer (CDU), Landrat des Kreises Gütersloh und seit 2019 Schirmherr der Flaggenaktion, über die Bedeutung des Engagements für Tibet.
SVEN- GEORG ADENAUER, Enkel Konrad Adenauers, ist seit Oktober 1999 Landrat des Kreises Gütersloh. Vor seiner Berufung zum Geschäftsführer der CDU-Kreistagsfraktion Gütersloh im Januar 1999 er seit 1991 Beamter des Landes Mecklenburg-Vorpommern.
Neben zahlreichen weiteren Auszeichnungen wurde Adenauer 2013 die Ehrendoktorwürde der Universität Temeswar (Rumänien) und 2015 das Kreuz des Offiziersordens der Republik Lettland verliehen.
Seit 2019 ist er Schirrmherr unserer Aktion „Flagge zeigen für Tibet“.
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Tibet Initiative Deutschland: Herr Adenauer, nicht alle Städte beteiligen sich an der Flaggenaktion – einige offenbar, um ihre chinesischen Städtepartner nicht zu verärgern. Was würden Sie als Schirmherr diesen Städten raten?
Sven-Georg Adenauer: Ich finde, Partnerschaften und geschäftliche Beziehungen sollten auch offene Worte vertragen können. Unterschiedliche Auffassungen – das erlebt man in jeder guten Partnerschaft. Wenn eine Verbindung kritische Worte nicht aushält, sollte man sich fragen, wie gut die Partnerschaft tatsächlich ist. Gegenseitiges Vertrauen ist der Schlüssel – nicht nur für Städte-Partnerschaften.
Immer häufiger geraten Unternehmen unter wirtschaftlichen Druck aus China, wenn sie sich etwa solidarisch mit dem Dalai Lama oder den Protesten in Hongkong zeigen. Können wirtschaftliche Interessen es erfordern, in Sachen zu Menschenrechten leiser zu treten?
Die Frage ist ja: Wie leise tritt man tatsächlich? Für mich sind und bleiben Menschenrechte unteilbar. Meiner Meinung nach dürfte die Wirtschaft da ruhig häufiger Rückgrat zeigen. Die Politik kann allerdings die Rahmenbedingen für ein Klima schaffen, in dem es leichter fällt, Kritik gegenüber China zu äußern.
Wie?
Bei politischen Treffen und Besuchen zwischen beiden Ländern sollten immer auch klare Worte fallen, etwa was die Menschenrechtssituation in Tibet angeht. Diese Kritik darf nie verstummen. Chinesische Akteure sind ja nicht weniger abhängig von uns als wir von ihnen. Darum sollten wir keine Angst haben und selbstbewusst den Finger in die Wunde legen
Ihrem Großvater, Konrad Adenauer, wird der Satz zugeschrieben: „Wenn die anderen glauben, man ist am Ende, so muss man erst richtig anfangen.“ Inwiefern kann diese Aussage auch leitend für die Tibet-Bewegung sein?
Ich bin davon überzeugt, dass die Tibet-Bewegung noch lange nicht am Ende ist. Die weltweite Kritik am chinesischen Vorgehen in Hongkong und Xinjiang zeigt ja, dass demokratische Bestrebungen schnell an Zulauf gewinnen können. Mein Großvater hat auch gesagt: „Wir müssen einen kühlen Kopf und heißes Herz haben.“ In diesem Sinne wünsche ich allen, die sich für Tibet einsetzen viel Durchhaltevermögen und Leidenschaft im Einsatz für die unterdrückten Tibeter.
Was wünschen Sie sich als Schirmherr für die Flaggenaktion 2020?
Ich hoffe natürlich, dass sich möglichst viele – auch viele neue – Kreise, Städte und Gemeinden daran beteiligen und dass viele Menschen dadurch auf die Situation in Tibet aufmerksam werden. Und für den 10. März wünsche ich mir einen strahlend blauen Himmel, so dass die tibetischen Farben schon von weitem her zu sehen sein werden.
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Last modified: 5. Februar 2020