Chinas älteste Universität für Tibeter*innen und Student*innen anderer ethnischer Minderheiten hat den Unterricht auf Tibetisch beendet. Damit werden Muttersprachler benachteiligt, behaupten Student*innen der Universität.
Die Universität wurde 1958 in der Stadt Xianyang in der Provinz Shaanxi als öffentliche tibetische Universität gegründet und 1965 in Tibet Minzu University umbenannt. Die Schule hat derzeit über 6.000 Student*innen, von denen etwa die Hälfte Tibeter*innen sind, so einer der Studenten gegenüber Radio Free Asia.
„Elf Spezialgebiete werden an der Universität unterrichtet, aber all diese Kurse werden nur auf Chinesisch unterrichtet. Das ist ein Problem für uns tibetische Student*innen“, so die Quelle weiter. „Derzeit gibt es nur eine tibetische Sprachklasse, die als zweite Sprache angeboten wird und ein Stipendium, das für tibetische Studien an der gesamten Schule angeboten wird.“
In Minzu werden unter anderem Finanzen, Ingenieurwesen, Sport, Recht, Management, Fremdsprachen, Ethnologie, Journalismus und tibetische Medizin unterrichtet. Auch die Kurse in traditioneller tibetischer Medizin werden nur noch auf Mandarin-Chinesisch angeboten. „Die tibetischen Student*innen, die sich auf die tibetische Medizin spezialisiert haben, stehen vor Herausforderungen und Verständnisproblemen, da ihre Fächer nun auf Chinesisch unterrichtet werden. Sogar Kurse zum Studium ethnischer Nationalitäten werden auf Chinesisch angeboten“, so die Quelle.
Obwohl die Tibet Minzu Universität als Universität für Tibeter*innen gegründet wurde, „mangelt es akut an der Verwendung der tibetischen Sprache“, sagte eine zweite Quelle an der Schule, die anonym bleiben möchte. „Es gibt überhaupt keine Möglichkeiten, spezielle Kurse in tibetischer Sprache zu besuchen, was sehr traurig ist“, so die Quelle weiter. Tibetische Student*innen an der Schule nehmen die Dinge jetzt „in die eigenen Hände, indem eine Gruppe für das Studium der tibetischen Kultur und Sprache gegründet wurde“, sagte die Quelle . Die Gruppe trifft sich am Wochenende, um zu sprechen und Veranstaltungen zu organisieren.
Schriftsteller, Sänger und Künstler, die sich für die tibetische Identität und Kultur einsetzen, werden häufig von chinesischen Behörden festgehalten. Lange Gefängnisstrafen sind seit den Protesten von 2008 Alltag. Tibeter*innen haben damals landesweit gegen die chinesische Herrschaft protestiert. Die tibetische Sprache ist in den letzten Jahren zu einem besonderen Schwerpunkt der tibetischen Bemühungen um die Durchsetzung der nationalen Identität geworden. Es gibt informell organisierte Sprachkurse, die meist als „illegale Vereinigungen“ gelten. Lehrer*innenn und Teilnehmern drohen lange Haftstrafen.
Im Mai 2018 verurteilte ein Gericht in der chinesischen Provinz Qinghai den tibetischen Sprachaktivisten Tashi Wangchuk wegen „Separatismus“ zu fünf Jahren Gefängnis, was zu einem Aufschrei von Regierungen und Rechtsorganisationen weltweit führte.
Originalartikel auf Radio Free Asia
Bild: Screenshot der Webseite der Tibet Minzu University, Januar 2019.
Last modified: 31. Januar 2019